Korfu – Zakynthos – Peloponnes – Santorin – Rhodos in 5 Tagen 3 Stunden und 52 Minuten und ohne Landberührung… Das ist ein Segeltörn durch Griechenland der ungewöhnlichen Art! 551,7 Seemeilen ganz ohne Sirtaki, Tsatsiki und Souvlaki. Bei der Überführung der Segelyacht “Makani”, einer Sigma 38 von Korfu nach Rhodos vom 8. bis 13. April und am 16. April nach Marmaris ist alles anders, was man sonst vom Segeln in Griechenland kennt.
Übersicht Segeltörn quer durch Griechenland:
- Vor dem Ablegen zum Überführungs-Segeltörn durch Griechenland
- Donnerstag der 8. April am 1. Tag beim Segeltörn quer durch Griechenland
- Freitag der 9. April, der 2. Tag unseres Segeltörns durch Griechenland
- Samstag, 10. April am 3.Tag beim Segeltörn durch Griechenland
- Sonntag, 11. April am 4. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
- Montag, 12. April am 5. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
- Dienstag der 13. April am 6. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
- Von Rhodos nach Marmaris
- Das Nachspiel zum Segeltörn durch Griechenland und der gefährlichste Teil der Reise
- Nachtrag zu Kandhilousa – dem Kerzenleuchter
Vor dem Ablegen zum Überführungs-Segeltörn durch Griechenland
Wie kommt es zu dem Überführungstörn?
Ein guter Freund und Partner von Korfu-Segeln verkauft sein Segelboot eine Sigma 38. Der neue Eigner sitzt nicht gerade auf Korfu “um die Ecke”, sondern in Israel und will das Schiff in Marmaris in der Türkei nutzen. Die Liegegelder für Yachten in Gouvia Marina auf Korfu sind nicht billig und Freunde des Eigners können die Segelyacht in Marmaris überwachen und pflegen. Also los Skipper fahr das Schiff rüber!
Warum ist der Törn durch Griechenland so besonders?
Gleichzeitig ist Segeln in Griechenland im April 2021 strengstens verboten. Es herrscht Corona-Lockdown in ganz Griechenland. Niemand darf den Hafen verlassen und die Hafenpolizei sitzt an der Ausfahrt der Bucht von Gouvia und wacht mit Argusaugen jeder Schiffsbewegung. Segeln ist in Griechenland nicht möglich… Segeln als Freizeitgestaltung wohlgemerkt. Denn der Eigner will sein Schiff überführt haben und nach vielen Stornierungen in der Saison 2020 bin ich dankbar für jeden Job.
Die Segel-Yacht “Makani”: eine sportliche Regatta-Yacht …
Die Segelyacht “Makani” eine Sigma 38 ist eine sportliche Regatta-Yacht aus den 80ern, welche vor allem in England sehr beliebt ist. Im Unterschied zu den heutigen Modellen, ist die Sigma am Heck deutlich schmaler, der Ballast-Anteil (Gewicht des Kiels unter dem Boot im Verhältnis zum Gesamtgewicht) ist mit ca. 50% deutlich höher, ebenso der Mast und die Segelfläche deutlich größer als auf Charteryachten, die ich sonst segle. Das Schiff verfügt bei 3 engen Doppelkabinen nur über eine Toilette, dafür über Backstagen und einen Spinnaker, was Segelmanöver deutlich anspruchsvoller macht, die Geschwindigkeit aber erheblich steigert. Kurzum: Makani ist ein Segelboot für ambitionierte Segler, kein Wohnwagen für Chartergäste.
…mit kleinen Macken aber pfeilschnell!
Neben der sportlichen Ausrichtung sind die magere Ausrüstung und einige Defekte denkwürdige Herausforderungen. Die Logge, ein kleines Rädchen unter dem Rumpf, das die Geschwindigkeit der Fahrt durch das Wasser misst, ist defekt und ebenfalls der elektronische Windmesser (Windex), auf die Anzeigen der Geschwindigkeit und von Windstärke und Richtung auf Instrumenten im Cockpit müssen wir verzichten. Was bleibt ist der Blick zum Verklicker im Masttop und auf die See oder das Gefühl des Windes auf der Haut. Noch dazu ist der Autopilot bis auf Situationen völliger Windstille und glatter See unbrauchbar. Der Rudergänger ist am Steuerstand praktisch gefesselt. Während der Nacht, wenn der zweite Mann schläft, sind Segelmanöver und anfangs auch Trimmen der Genua ausgeschlossen.
Wer wird Co-Skipper?
Als ich 2018 als Skipper in Griechenland begann, war mein erster Job außerhalb griechischer Gewässer die Überführung einer X-41 (einer modernen Regatta-Yacht) über den Atlantik, bei dem ich den pensionierten Verkehrspiloten und Thriller-Autor Matthias Soeder um Hilfe bat. Leider passte es damals terminlich nicht bei Matthias, ich musste letztlich die Verantwortung des Transats für Schiff und Crew alleine tragen, nun passt es bei Matthias aber perfekt! Denn ganz alleine kann und will ich die anspruchsvolle Makani nicht durch ganz Griechenland segeln und die Anforderungen sind ganz ähnlich wie damals beim Transat: Eine Überführungsfahrt mit einer schnellen Yacht mit defektem Autopilot und einigen Macken…Ich schreibe Matthias an, er sagt sofort zu.
…. oder gibt es 2 gleichberechtigte Skipper?
Matthias ist ein sehr erfahrener Segler, der unter anderem am legendären Segelrennen “Sydney-Hobart” teilgenommen hat. Im Unterschied zu mir “muss” er aber seinen Lebensunterhalt nicht mit Segeln verdienen. Unseren Segeltörn durch ganz Griechenland macht er nur zum Spaß und Erfahrungsgewinn. Eigentlich die typische Rolle des Co-Skippers. Doch schnell merken wir: das passt so nicht. Wir einigen uns auf die Rollenverteilung zweier gleichberechtigter Skipper. Und auch wenn man sagt: “ein Schiff ein Kapitän,” ist die Lösung des “Chefs vom Dienst” während der Nacht und “alles einstimmig” am Tag für uns für diesen Segeltörn perfekt. Wir genießen so bei dieser Überführung durch Griechenland die verschiedenen Blickwinkel aufs Segeln und die Sicherheit dabei aus völlig verschiedenen Erfahrungs-Perspektiven. Ich segle hauptsächlich Bade-Törns mit Laien, Anfängern oder Seglern die die Verantwortung komplett abgeben möchten, er Überführungsfahrten mit Seglern auf gleichem oder höherem Level. Gleichzeitig können wir uns blind, oder vielmehr schlafend vertrauen.
Verzögerungen beim Start des Törns
Am Donnerstag den 01. April beauftragt mich der Eigner zur Überführung der Makani und Matthias bucht seine Flugtickets: Sonntag den 4. April geht’s nach Korfu, am 14. zurück ab Rhodos. Soweit alles ein entspannter Plan. Nur die Rechnung ist offenbar ohne den Osterhasen gemacht. Der Eigner, ein Russe in Israel übersieht den Feiertag (Karfreitag) und kann die Yacht nicht wie geplant am Freitag den 2. April registrieren. Samstag, Sonntag und Montag geht es ebensowenig. Dienstag den 6. April ist endlich die Registrierung beantragt, am Mittwoch wird sie erteilt. Erst am Donnerstag 8. April erfolgt die Ausstellung der Bootspapiere. Um 14:10 können wir endlich Ablegen! Wir sitzen mittlerweile wie auf Kohlen…
…unter den Auflagen:
Tourismus und damit das Segeln in Griechenland sind im April 2021 strengstens verboten. Unser Törn quer durch Griechenland ist keine Urlaubsreise. Wir dürfen weder Anlegen, noch das Land betreten. Weit und breit sind wir bis auf eine Ausnahme das einzige Segelboot. Eine einzige Segel-Yacht sehen wir während der gesamten Reise bei Anatoliki Mani, dem mittleren Finger des Peloponnes. Nur unter Genua und Motor ist auch dieser Segler offenbar bei einer Überführungsfahrt. Auch letztes Jahr beim Karnevals-Törn war die Romantica die einzige Segel-Yacht weit und breit und ich wurde insgesamt 4-Mal von der Küstenwache kontrolliert. Matthias und ich wetten, ob es mehr oder weniger wird. Die Auflagen gilt es also penibel einzuhalten und bei Corona-Regeln verstehen die Griechen keinen Spaß! Viel Zeit zum Bummeln in Buchten und Flanieren durch die Hafenstädte bleibt uns ohnehin nicht. Vom Tag der Abfahrt am Donnerstag bleiben uns ganze 5 Tage, um Rhodos am Dienstag Abend rechtzeitig zu erreichen um Matthias mit PCR-Test auszustatten und in den gebuchten Flug am Mittwoch nach Athen und von dort nach Deutschland zu setzen.
Donnerstag der 8. April am 1. Tag beim Segeltörn quer durch Griechenland
Endlich dürfen wir los! Keine 10 Minuten nachdem Chris (Agent in Korfu) die Bootspapiere von der Hafenpolizei fertig abgestempelt zurück erhält, legen wir um 14:10 Uhr am Donnerstag den 8. April ab. Die Zeit drängt und heute sind es mit Wind von über 26 Knoten aus Nordwest beste Bedingungen um Strecke zu machen. Wir motoren aus dem Hafen und ich schaue nach links zur Polizei-Station. Springt gleich der erste Hafenpolizist in sein Schlauchboot? Nein, es bleibt ruhig liegen. Die Kollegen sind wohl informiert. Nun denn vorbei an der Tankstelle und rein ins Fahrwasser das uns aus der Bucht bringt. Dort setzen wir die Genua und Sam der ehemalige Eigner kann einen letzten Blick auf sein Schiff werfen. Bis zur Alten Festung Korfu segeln wir unter Genua und setzen 15:15 Uhr zusätzlich das Großsegel im 3. Reff zur Schmetterlings-Besegelung. Der Wind kommt dabei direkt von hinten und Bullentaille und Spinnaker-Baum stabilisieren die Segelstellung.
Korfu und Paxos fliegen mit bis zu 12,6 Knoten Geschwindigkeit an uns vorbei. Die Südspitze Korfus passieren wir um 19:15 Uhr, die Untiefe Ifalos Paniana östlich von Gaios lassen wir um 20 Uhr hinter uns und nehmen die Genua nach backbord und luven auf Kurs Süd (180°) zum Raumschotskurs an. Als wir hinter der Abdeckung von Antipaxos hervorkommen, steigt die Wellenhöhe auf über zwei Meter und einige Brecher ergießen sich von achtern ins Cockpit. Wir wollen uns beide Optionen der Passage des Gebietes bei diesem Wind offen halten: entweder durch den Ithaka-Kanal zwischen Ithaka und Kefalonia oder auf dem offenen Ionischen Meer westlich von Kefalonia entlang. Letzteres ergibt sich als schnellste und sicherste Route. Zum Ende des Tages sind wir bei 38° 48,573 N und 020° 10,363 E etwa auf der Höhe von Fiskardo auf Kefalonia und legen am ersten Tag 65 Seemeilen in knapp 10 Stunden zurück.
Wie segelt man diesen Starkwind sicher zu Zweit durch die Nacht?
Wir vereinbaren einen flexiblen Wachwechsel und wollen uns gegenseitig wecken spätestens nach 4 Stunden Wache. Oder wenn etwas passiert oder ein “All Hands on Deck” nötig wird. Doch wie wecken wir uns eigentlich? Ein Wecker scheidet wegen dem deutlich stärkeren Getöse um uns herum und den mit Ohropacks zugestopften Ohren aus. Ebenfalls ist dann rufen, selbst brüllen oder schreien überflüssig. Ein dritter Mann, der jeweils den einen oder anderen wecken könnte fehlt. Der Autopilot ist bei diesem Wetter unbrauchbar, man kann sich nicht vom Steuer weg bewegen.
Wir legen unsere “Telefonleitung” – ein einfaches etwa 4 Meter langes Seil vom Steuerstand unter dem Traveller hindurch, entlang durch die Plicht über den Cockpit-Boden zum Innenfenster der Achter-Kabine, in die Kabine hinein und mit einem Palsteg um das Handgelenk des Partners. Das funktioniert während der gesamten Reise perfekt! Man kann in der Kabine wirklich abschalten, Ruhe finden und schlafen, während sich der Körper nur auf einen Weckruf, den Seilzug am Handgelenk konzentrieren muss. Nur in der ersten Nacht gerät diese Lösung etwas an ihre Grenzen, als sich über 2 Meter hohe Brecher ins Cockpit ergießen und einige Spritzer Wasser auch zu Matthias ins Schlafgemach gelangen.
In dieser Konfiguration lässt sich zwar das Großsegel trimmen, die Genua ist für den einzigen Mann an Deck hinter dem Ruder aber unereichbar. Vor der zweiten Nachtfahrt ändere ich das und lege die Genuaschot nach hinten zum Steuerstand und kann dann perfekt auf “Speed” trimmen, was die tollen Surfs in den Sonnenaufgang vor Santorin letztlich ermöglicht. Doch später dazu mehr…
Freitag der 9. April, der 2. Tag unseres Segeltörns durch Griechenland
Gegen halb eins schläft der Wind ein und dreht gegen ein Uhr zunächst auf Nord-Nord-Ost und um halb zwei auf Ost von der Insel Lefkas. Es dämmert gegen 5 Uhr und die schmale Sichel des Mondes geht gegen 7 Uhr über den Hügelketten von Kefalonia auf. Ein besonderes Schauspiel bieten die blinkenden Windkraft-Anlagen der Kammlagen. Gegen 10 Uhr passieren wir die Südwestspitze Kefalonias und nehmen Kurs auf Zakynthos.
Frühstück in Navagio der Wreck Bay auf Zakynthos
Um 12:45 Uhr fällt der Anker und wir gönnen uns ein verspätetes Frühstück vor der menschenleeren Bucht von Navagio der berühmten Bucht mit dem rostigen Schiffswrack.
Wir genießen die wärmende Sonne in der Bucht. Im Unterschied zur vorherrschenden Windrichtung Nordwest im Sommer bieten die steil aufregenden Kalksteinfelsen guten Windschatten des aktuellen Nord-Ost Windes und ich habe natürlich nichts besseres zu tun als zu baden:
Unter Spinnaker entlang der Westküste Zakynthos & Kurs Peloponnes
Wir verlassen Navagio gegen 14 Uhr und setzten Spinnaker und Großsegel zur Weiterfahrt Richtung Peloponnes. Kraftvoll schiebt uns die Blase mit 7 bis 9 Knoten Fahrt voran. Erstaunlich wie mühelos die Makani ihre Rumpfgeschwindigkeit überwindet. Gegen 17:40 Uhr passieren wir die Südspitze von Zakynthos mit dem Strand von Laganas und bergen den Spinnaker zugunsten der Schmetterlings-Besegelung für die Nacht.
Unser Ziel ist eigentlich Voidokilia, ein Traumstrand an der Westküste des Peloponnes, doch der Wind schläft etwas früher als vorhergesagt ein und so erklären wir die kleine Insel Megalo Stofadi als Tagesziel. Gegen 23:30 Uhr fällt der Anker an der Südseite der Insel.
Samstag, 10. April am 3.Tag beim Segeltörn durch Griechenland
Am Morgen wird uns bewusst, wie perfekt dieses Inselchen Megalo Stofadi zwischen Zakynthos und dem ersten Finger des Peloponnes liegt. Mit der aufgehenden Sonne nimmt auch langsam der Wind zu, der Anker geht auf und wieder können wir nach stetig zunehmenden und achterlich drehenden Wind den Spinnaker setzen.
Zwischen den Fingern des Peloponnes
Gegen 16 Uhr erreichen wir den ersten Finger des Peloponnes mit der kleinen Hafenstadt Methoni mit ihren imposanten Festungsmauern und dem Wahrzeichen der Stadt dem Burtzi, der am Südende des Kaps gelegenen Meeresturm mit seiner markanten Kuppel.
Südlich der Passage liegen die Inseln Sapientza, Agia Marina und Schiza. Unser Kurs bleibt bei 120° als wir die Meerenge zwischen Vevestistiko ansteuern dass wir gegen 18:30 Uhr erreichen. Diese Passage ist kniffelig: man muss sich so knapp wie möglich auf der Nordseite orientieren, um sich vor den Flachstellen vor der Insel Veveatiko frei zu halten. Die Tiefe sinkt auf 13 m, 12 m …
Nach der Passage kommen tückische Fallböen und Winddreher in unsere Segel und die Bullentaille muss sich mehr als einmal bewähren. Der Wind nimmt weiter zu und wir surfen mit Spinnaker und Topspeed von bis zu 10,4 Knoten (im Video immerhin 9,5) Richtung Yerolimin, unserem Tagesziel für heute. Yerolimin liegt auf der Westseite des 2. Fingers des Peloponnes. 249 Seemeilen liegen bereits hinter uns. Morgen ist “Bergfest”.
Kurz vor Sonnenuntergang holen wir den Spinnaker ein, doch das Fall klemmt, der Bergeschlauch will einfach nicht herunterkommen. Wir fahren noch bis 22:30 Uhr unter Großsegel bis zur Einfahrt der Bucht vor Yerolimin und unter Motor weiter bis Yerolimin, ankern vor der mit Scheinwerfern imposant in Szene gesetzten Hafenpromenade und kümmern uns am nächsten Morgen um das Problem mit dem Spinnaker-Fall.
Sonntag, 11. April am 4. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
Reparatur in luftiger Höhe
Der Morgen ist klüger als der Abend und mit einem selbst gebastelten Bootsmannstuhl geht’s für Matthias aufwärts zur Ursache des Problems: der Mantel des Spinnaker-Falls hatte sich bei unserem Spinnaker Dauereinsatz mit nahezu ununterbrochener Gleitfahrt zwischen Methoni und Yerolimin aufgescheuert. Der Mantel klemmt so hinter der Kausch am Mast (silbernes Teil mittleres Bild).
Wir kürzen einfach das Spinnaker-Fall um das beschädigte Ende und wenige Minuten später sind wir bereits wieder unterwegs.
Reichlich Schiffsbewegung und der einzige andere Segler
Wir lassen Yerolimin schnell im Heckwasser und setzen Kurs Richtung Süden zum Leuchturm Tainaros am gleichnamigen Kap.
Hinter dem Kap heißt es Kurs Ost in Richtung des 3. Finger des Peloponnes und der Meeresstraße Steno Elafonisou mit den Inseln Kithira südlich und Elafonisos nördlich. Der Wind kommt aus Nord und wir machen bei Halbwind gute Fahrt. Achteraus entdecken wir den einzigen anderen Segler dieser Reise. Nur unter Genua und Motor ist es offensichtlich so wie unsere eine Überführungsfahrt.
An der Straße Steno Elafonisou gibt es reichlich Schiffsverkehr. Dutzende Schiffe kommen uns entgegen, überholen und kreuzen den Kurs. Der Wind frischt am Ausgang Steno Elafonisou kräftig auf und schläft 2 Stunden später fast vollständig ein.
Bis in die Morgenstunden muss uns der Dieselmotor Richtung Santorin schieben. Dann kommt Wind aus Nord auf. Erst ganz leicht und Motor und Großsegel sind unser Antrieb, dann kommt die Genua hinzu und schließlich können wir den Diesel ganz ausschalten.
Montag, 12. April am 5. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
Anfahrt Santorin mit berauschenden Surfs
Der Morgen mit der Anfahrt von Santorin ist für mich der schönste Teil dieser Reise. Ich übernehme die Nachtschicht und dehne sie etwas von 22 bis 4 Uhr früh aus. Durch das langweilige Motor-Gejockel bin ich nicht richtig müde und die Erwartung Santorin anzusteuern erwecken freudige Unruhe und halten mich einfach wach. Matthias übernimmt von 4 Uhr bis zum Sonnenaufgang, den ich unbedingt mit Santorin am Horizont erleben möchte.
Doch als ich gegen 7 Uhr an Deck komme, ist zwar die Sonne schon da, Santorin aber noch ein winziger Punkt am Horizont. Es bleibt auch für mich noch genug Platz für berauschende Surfs in Richtung des Archipels:
Bis zur Einfahrt zur Kaldera vergehen für mich die schönsten Stunden die man seglerisch erleben kann. Die Sigma 38 Makani gleitet pfeilschnell über die Wellen. Unter Vollzeug mit Genua und Großsegel und 4 Windstärken fliegt die Segelyacht Santorin entgegen. Dabei liegt die Sigma 38 sehr angenehm am Ruder, Ruderdruck kündigt sich vorausschauend an und man kann auch bei Überpower rechtzeitig eingreifen und das Schiff auch im Topspeed sehr sicher kontrollieren.
In der Kaldera von Santorin
Gegen 10 Uhr erreichen wir die Einfahrt zur Kaldera zwischen den Inseln Thirasia und Aspronisi und halten auf die zentrale Vulkaninsel Nea Kameni zu. Auf der Westseite von Nea Kameni ist eine tief eingeschnittene Bucht und machen an einer Mooring-Boje fest. Bei der Wassertiefe von über 40 Metern sind wir dankbar nicht ankern zu müssen.
Alles am oder im Wasser ist mit einer dicken Schwefelschicht bedeckt. Das Wasser ist trübe und voll mit Schwebstoffen wie Asche. Es riecht schwefelig, muffig aber nicht ganz so übel nach Schwefelwasserstoff (faulen Eiern) wie erwartet.
Am Platz der Yacht, wo wir ins Wasser springen, ist es bereits deutlich wärmer als in Navagio auf Zakynthos, je weiter wir in die Bucht schwimmen desto wärmer wird es.
Nach dem Abtrocknen gönnen wir uns unser gewohntes Frühstück. Auch wenn die Szenerie unwirklich aussieht, den Appetit kann man uns so leicht nicht verderben.
Wir fahren durch die mit einigen nicht markierten Untiefen gespickten Durchfahrt zwischen den Vulkaninseln nach Süden und dann durch die Kaldera nach Norden aus dem Archipel.
Die unvorstellbar gewaltige Kraft der Explosion an den Berghängen wird deutlich. Die heutige Form von Santorin entstand 1600 v. Chr. als zum Ende des Minoischen Zeitalters die Vulkaninsel explodierte und alles wo jetzt Wasser ist, in die Luft schleuderte. Steil abfallende Felswände in den verschiedensten Farbtönen: gelb, braun, grau, schwarz und alle Mischungen daraus, zeigen sich bei der Fahrt durch die Sichel wo einst Land war. Auf der Spitze der Felswände zeigen sich wie Schnee auf Berggipfeln die weißen Häuser von Fira, Imerovigli und Perivolas. Wir fahren nach Norden und setzen Großsegel und den Spinnaker. Bis tief in die Nacht sehen wir die Lichter der Häuser von Santorin achteraus.
Dienstag der 13. April am 6. Tag beim Segeltörn durch Griechenland
Kandhilousa
Die letzte Nachtfahrt beginnt für mich um Mitternacht mit meinem Schichtwechsel. Gegen 1 Uhr sehe ich direkt voraus auf der geplanten Route die Insel Kandhilousa in 15 Seemeilen Entfernung auf dem Tablet. Ich entscheide mich zunächst nach Lee auszuweichen, korrigiere die Entscheidung aber kurz darauf und luve 20° an und halte auf die Insel Periousa zu. Gegen 2 Uhr ist Kandhilousa immer noch nicht zu sehen, die Entfernung ist mittlerweile auf 7 Seemeilen geschrumpft. Wieder und wieder starre ich in die Dunkelheit, die Insel ist nicht zu entdecken: kein Licht gar nichts.
Jetzt wird es unheimlich
Gegen 3 Uhr wird mir unheimlich, die Insel ist eindeutig in den Karten mit Leuchtfeuer und einigen vorgelagerten Riffen eingezeichnet, mittlerweile nur noch 2 Seemeilen entfernt, nur sehen kann ich sie nicht. Ich wecke Matthias, Schichtwechsel wäre jetzt ohnehin, wir diskutieren die Thematik und ich gehe selbst schlafen. Als ich ihn um 6 Uhr ablöse strahlt Kandhilousa hinter uns in der aufgehenden Sonne. Das Leuchtfeuer war aus, keinerlei Licht auf der Insel und so winzig wie gedacht war Kandhilousa auch nicht. Erdrückend wenn man eine Gefahr so gar nicht sehen kann.
Dann kommt Rhodos in Sicht
Zunächst passieren wir die Insel Tilos an Steuerbord und dann kommt endlich Rhodos in Sicht. Das wird das Ende unserer gemeinsamen Reise. Rhodos Nordküste ist im Unterschied zu den Inselküsten die wir passierten mit großen Hotelburgen gespickt. Am Vormittag senden wir Michialis Roditis, dem Agenten in Rhodos ETA: 18 Uhr +/- 1 Stunde, um 17:15, ETA: 18 Uhr +/- 5 Minuten, um 17:59 sind wir in der Hafeneinfahrt um 18:02 Uhr ist die Makani fest. Punktlandung. Korfu-Rhodos in 5 Tagen 3 Stunden und 52 Minuten ist vollbracht. Das Spinnaker-Fall reparieren wir ein zweites Mal auf die bekannte Weise.
Michialis Roditis erweist sich als Organisationsgenie: PCR-Test, Ausreise- und Einreiseformalitäten? Alles kein Problem! Unaufgeregt und mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks organisiert er alle Formalitäten. Auf der ganzen Reise wurden wir nicht ein einziges Mal von der Küstenwache kontrolliert, die Wette mit Matthias hab ich verloren.
Im Krankenhaus werden wir vorstellig und richten uns auf Wartezeit für den PCR-Test ein. Schließlich haben wir die Zeit herausgefahren. Am Empfang: Michialis hat einen Termin für uns vereinbart – Antwort: der Doktor erwartet Sie oben, in 5 Minuten ist der PCR-Test erledigt, der Fahrer bringt uns zurück zur Makani, bereits 3 Stunden später ist das Ergebnis im e-Mail Postfach. Griechenland Du überrascht mich immer wieder! Efharisto Michialis!
Von Rhodos nach Marmaris
Ich habe lange überlegt, ob ich die letzte Etappe in die Türkei mache. Seglerisch ist das eine Kleinigkeit, selbst einhand, doch der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei eskaliert immer mehr und ich weiß ganz genau auf welcher Seite ich dort stehe. Und nach geringsten Nachforschungen wissen das glaube ich auch die Türken…
Über Funk wird in der Annäherung an die türkische Küste zu “kooperativen Verhalten” aufgerufen sobald sich Kriegsschiffe nähern. Darauf habe ich gar keine Lust. Ich lasse den Motor an und sehe zu dass ich in den Hafen komme.
Am Zollpier setze ich die gelbe Pestflagge und den türkischen Halbmond und warte in stoischer Ruhe bis der Medi-Check kommt. Die messen tatsächlich nur die Temperatur. Solche Witzbolde… Nach Griechenland kommst Du nicht ohne doppelten PCR-Test rein. Auf zur Marina wo bereits der Freund des Eigners Michail wartet. Angelegt, Job done, fertig. Nur noch weg hier. Bei einer Inzidenz von über 300 gibt es angenehmere Orte in denen man sich aufhalten kann.
Das Nachspiel zum Segeltörn durch Griechenland und der gefährlichste Teil der Reise
Dalaman – Istanbul
Mein Flieger geht am nächsten Morgen um 6:15 Uhr ab Dalaman, ich will so schnell wie möglich raus aus der Türkei. Über München ist die günstigste Verbindung nach Korfu, die eine schnelle Ausreise aus der Türkei sicher stellt. DasTaxi steht um 3 Uhr am Schiff. Beim Einchecken gibt es etwas Hickhack – ich werde von der Airline 3-Mal durch die Empfangshalle gejagt. Der Flieger ist halb voll, ich habe eine Sitzreihe für mich alleine. Dann in Istanbul umsteigen und der erste Schock: der Bus vom Flieger zum Terminal wird dicht an dicht vollgerammelt. Abstand Fehlanzeige, eher Zwangskörperkontakt. 5 Minuten Fahrt zum Terminal, das könnte es jetzt schon gewesen sein mit meinem Leben ohne Covid-19 Infektion. Die Info-Tafeln im Bus mit “Social Distance” sind der blanke Hohn! Raus aus dem Bus – Abstand gewinnen von der Traube Menschen. Dann in den Terminal Istanbul und jetzt kommt es faustdick:
Istanbul Terminal
Tausende Menschen ohne Abstand, viele nur mit Alltagsmasken, manche tragen die Maske auf halb-acht mit Nase draußen. Alles was ich über Super-Spreading-Events weiß, genau dieses vor meinen Augen ist eines. Wo wollen die nur alle hin? Viele nach Deutschland so viel ist sicher. Nachdem ich mir Abstand verschaffe, pflichten mir einige Deutsch-Türken bei “das ist halt so – die Türken kümmern sich nicht um Corona-Regeln”.
Rücksichtsloses Gedränge überall!
Immer wieder drängeln sich Leute vor mir in die Schlange. Um die Markierungen auf dem Boden mit immerhin Meterabständen kümmern sich die Türken ebensowenig, wie um die Lautsprecherdurchsagen alle 5 Minuten in der Halle. Am Ende der Halle will der Beamte bei der Passkontrolle tatsächlich mein Gesicht sehen: Maske runter & ausatmen…. bloß nicht einatmen! Dabei reißt mir das Gummi von der Maske ab. Kurze Panik… Maske wieder ans Gesicht drücken, Knoten rein – das zerrt heftig an den Ohren. Für Rest der Fahrt renne ich eben mit Segelohren durch die Landschaft. Macht nix – passt ja…
Istanbul – München
Im nächsten Flieger das nächste Fragezeichen. Servieren diese Corona-Ignoranten wirklich Essen und Getränke im Flieger? Der Sitznachbar soll dazu die Maske zeitversetzt abnehmen. Ich glaube es schlägt 13… in ganz Deutschland müssen alle Läden und Gastronomie trotz Schutzkonzept mit Maske ab Inzidenz 100 schließen und hier beim Flug nach Deutschland wird bei über 300 fleißig Essen serviert, ohne Maske und Abstand! Nichts für mich bitte! Ich gehe mit meiner Segelohr-Maske natürlich sofort zum Test am Flughafen München, während sich alle anderen Fluggäste zum Ausgang drängen. Wieder ohne Abstand, genau so wie beim Aussteigen aus dem Flugzeug. Das erste Werbeplakat in der Münchner U-Bahn schlägt mir wie Hohn entgegen. Im Krieg und in der Werbung stirbt die Wahrheit zuerst… oder wie ging der Spruch?
In München
Zu den schönsten Nebeneffekten des Skipperlebens gehört, dass man in ganz Deutschland und der halben Welt Freunde kennengelernt, die einem aus der Patsche helfen können. Während ich in der Luft war von Istanbul nach München, wurde mein Weiterflug nach Korfu am Sonntag storniert. Vielen Dank an Robert (einer meiner Gäste letztes Jahr), dass ich Dein Wohnmobil in München als Quarantäne-Station nutzen darf! Nach der Landung und dem ersten Test am Freitag geht’s Dienstag erneut zum PCR-Test an der Bavaria in München. Gottseidank wieder negativ!
Gedanken über Sicherheit
Aber ob es sinnvoll ist, dass ich als jemand der aktiv sich und andere schützen möchte und in Eigeninitiative einen PCR-Test macht 128 EUR berappen soll, ist genau so fraglich, wie die Landeerlaubnis türkischer Airlines auf deutschen Flughäfen ohne Pflichttest bei der Einreise… Ein Pflichttest bei der Landung und 4-5 Tage später ein erneuter Test für alle Reisende wäre sinnvoll! Bei 300er Inzidenz und den Zuständen im Flughafen Istanbul ist das mehr als begründet! Ja, man ist als Segler auf natürliche Weise scheu gegenüber Massenansammlungen. Ja, als Skipper macht man sich ständig Gedanken über die Sicherheit jeder Reise die man macht. Die anderen Fluggäste tun es nicht, vielmehr sollte die deutsche Politik das mal tun! Kleine Anregung aus Corona-Vorbild-Land Griechenland: Jeder der nach Griechenland will, darf dies nur mit PCR-Test oder Impfung. Bei meiner Einreise Ende Januar wurde auf der griechischen Fähre peinlich auf Abstand und Hygiene geachtet. Keiner der nach Griechenland Einreisenden kam ohne nochmaligen PCR-Test (gratis+Pflicht!) vom Hafengelände herunter.
Nachtrag zu Kandhilousa – dem Kerzenleuchter
15.05.2021: Ich habe diesen Artikel verfasst und in einigen sozialen Medien verteilt. Am 11.05. gab es über XING von Ignatios Souvatzis, Systemprogrammierer aus Bonn eine kurze Nachricht: “Hallo! Gab’s zu dem erloschenen Feuer auf Kandelioussa eigentlich eine NtM oder NAVWARN? Aktuell kann ich auf hnhs.gr nichts entdecken.”
Oh! Der erloschene Kerzenleuchter, denn das heißt Kandhilousa auf griechisch, brennt seit einem Monat nicht? Und keiner weiß davon? Ich nahm sofort Kontakt zu hnhs.gr auf. Denn etwas schämen musste ich mich. Ich habe weder vor noch nach der Reise die griechischen nautischen Warnnachrichten geprüft. Auch nicht auf das Feuer von Kandhilousa, welches ja offensichtlich während unserer Nachtfahrt vom 13. April erloschen war. Es blieb die ganze Zeit aus.
Jetzt ist zum Start der Saison, wo Segler aus aller Welt in die griechischen Gewässer strömen, wenigstens die Nautische Warnnachricht zu diesem Hinderniss raus. Denn es liegt denkbar ungünstig direkt auf dem Weg zwischen Santorin und Rhodos. Die Tiefe steigt so rhapide an, dass man in einer dunklen Nacht glatt gegen den Kerzenleuchter fahren könnte, wenn er nicht brennt. Vielen Dank an Ignatios Souvatzis, einem offensichtlich sehr genauen und gewissenhaften Segler. Allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel! Wir sehen uns hoffentlich bald in Korfu zum Segeln!
Nachricht, Link und Kontaktdaten des Griechischen Seeamtes für Hydrographie: HELLENIC NAVY
HYDROGRAPHIC SERVICE
Keine Angst! Die Beamten des nationalen Seeamtes für Hydrographie “beißen” nicht! Auch bei etwas unpünktlich eingegangenen Warnungen (siehe Nachricht). Am einfachsten einfach unten Warnungen an stehende e-Mail senden. (Signatur). Sehr anschaulich ist auch die Übersichtskarte des Seeamtes – die statt in Listenform eine Seekarte zeigt. Die Übersichtskarte des HELLENIC NAVY HYDROGRAPHIC SERVICE findet sich hier.
Good Morning Sir,
Thank you for your information. You can find the Navigational Warning at the following link
https://www.hnhs.gr/en/online-2/2015-05-16-18-50-25
Best Regards ,
HELLENIC NAVY
HYDROGRAPHIC SERVICE
E-mail: navtex_hnhs@navy.mil.gr
Tel : +30 210 6551806
Es war ein klasse Trip und ganz schön anspruchsvoll ohne Autopilot. Vielen Dank und jederzeit wieder.
Cheers,
Matthias (der andere)
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe die Reise auch sehr genossen und wir wären auf dem Atlantik sicher schneller ins Ziel gerauscht, als ich damals ohne Dich nach 21 Tagen.
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